Neurologie  
  In keinem anderen ergotherapeutischen Fachbereich wird das Zusammenwirken von Körper, Seele und Geist deutlicher als in der Neurologie. Vor allem bei zentralen Erkrankungen (das Gehirn betreffende) wie z.B. Schlaganfall, Parkinson, MS oder nach Hirnoperationen bemerken Betroffene und Umfeld, dass Veränderungen der Hirnfunktionen immer Auswirkungen auf alle Aspekte des menschlichen Lebens haben. Auch scheinbar begrenzte, „kleine" Veränderungen können deutliche Einschränkungen im täglichen Leben zur Folge haben.

Die Herausforderungen des Alltags sind von Mensch zu Mensch verschieden; deshalb lassen sich Krankheitsverläufe und Gesundungsprozesse nicht einfach so von einem Patienten auf den anderen übertragen. Einschränkungen, Auswirkungen und der Leidensdruck, die durch so eine Erkrankung entstehen sind hochindividuell.


Beispiel 1 (Aktivitätsebene)
Frau M. und Herr B. sind beide Anfang 50 und haben eine rechtsseitige Lähmung erlitten. Arm, Hand und der Fuß lassen sich nur eingeschränkt bewegen. Während Frau M, ein sehr sportlicher, kontaktfreudiger Mensch ist, gern draußen in der Natur ist oder Besuche macht, ist es für Herrn B. wichtig, zu Hause zu sein und für sich und seine berufstätige Frau zu sorgen. Frau M. wird vermutlich von einem Training der Fortbewegung und dem Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel profitieren, während es für Herrn B. wichtiger ist, Hausarbeiten erledigen zu können und seine Handmotorik zu trainieren. Unserer Ansicht wäre es unsinnig, beiden dasselbe Therapieprogramm anzubieten und dafür weniger Zeit für das effektive Erlernen alltagsnaher Fertigkeiten zur Verfügung zu haben.

Beispiel 2 (Umfeldebene)
Frau K. ist durch eine inkomplette Querschnitterkrankung gehbehindert und hat Probleme mit der Handmotorik. Sie äußert den Wunsch, sich zu Hause möglichst unabhängig selbst zu versorgen und stundenweise wieder arbeiten zu gehen (PC-Arbeitsplatz). Nachdem sie ihrer Ergotherapeutin ihr Umfeld vorgestellt hat, haben beide zusammen alle nötigen Anpassungen geplant und eingeleitet. Sowohl zu Hause, als auch am Arbeitsplatz kann Frau K. sich jetzt mit speziellen Hilfsmitteln, Schienen und nach einer Veränderung von Möbeln und Einbauten soweit behelfen, dass es ausreicht, wenn sie zweimal pro Woche Unterstützung im Haushalt bekommt. Ihr Lebensgefährte hat den Wunsch geäußert, mehr über eine angemessene Hilfestellung in ungewöhnlichen Situationen (steile Treppen, Autos mit tiefem Einstieg, Rolltreppen) zu lernen. Auch das wird innerhalb der Therapie trainiert.

Unserer Erfahrung nach gibt es bei der Behandlung keine „immer richtige, korrekte, immer passende" Therapie-methode. Wir wissen, dass jeder Mensch seine ganz eigene Art hat, mit Veränderungen im Leben umzugehen und Neues zu lernen.
Da unser Gehirn ständig damit beschäftigt ist auf Veränderungen in der Umgebung zu reagieren und die verschiedenen körperlichen Funktionen bestmöglich zu steuern, verändert sich teilweise auch die Arbeitsweise des Gehirns nach einer neurologischen Erkrankung, es kann nicht mehr auf alle Steuerungen zurückgreifen. Es kommt bei der ergotherapeutischen Rehabilitation vor allem darauf an, "das was gut funktioniert so zu nutzen, dass das was noch nicht so gut klappt, ausgeglichen oder neu erarbeitet" werden kann.

Beispiel 3 (Funktionsebene)
Herr O. kann nach einer Him-OP im rechten Gesichtsfeld nur noch 30 Prozent wahrnehmen, er übersieht Dinge die rechts liegen, Lesen ist sehr anstrengend, Autofahren unmöglich geworden. Er ist ein Mensch, der sich hervorragend konzentrieren kann und über eine groBe Ausdauer verfügt. Darum hat er sich zusammen mit seiner Therapeutin dafür entschieden, ein spezielles Gesichtsfeldtraining aufzunehmen. Er muss hierfür täglich zu Hause ein anstrengendes Training am PC absolvieren. Dabei kommen ihm seine geistigen Fähigkeiten zugute und er hat Aussichten, den Hirnfunktonsausfall teilweise zu überwinden und so auch seinen Alltag wieder besser zu bewältigen.


Häufige neurologische Krankheitsbilder
Schlaganfall (Apoplex, Insult)
Schädel-Hirn-Trauma
Parkinson
Querschnitte
Multiple Sklerose ALS (Amytrophe Lateralsklerose)
Hirntumoren
Anfallsleiden
Cerebrale Bewegungsstörungen
Hirnblutungen
Plexusparesen
Toxische Hirnschäden (Hirnschädigung durch Giftstoffe)
Hypoxien (Sauerstoffmangel des Gehirns)